Abnahme des Tons an der Stimmzunge

 

Die Entwicklung von Verfahren zur direkten Abnahme der Stimmzungenbewegung geht zurück bis in die 50'er Jahre. Zu fast jedem bekannten Prinzip der mechano-elektrischen Wandlung findet man Patente, die eine Umsetzung für die Mundharmonika beschreiben: elektrostatische, kristall- und piezoelektrische, verschiedene magnetische Ausführungen sowie optische Abnahmeverfahren.

Die Umwandlung der Stimmzungenbewegung alleine liefert jedoch noch kein brauchbares Ergebnis. Ein marktreifes Produkt, das eine bühnen- und studiotaugliche Tonqualität liefert, muss die wesentlichen Eigenarten und Besonderheiten der Mundharmonika berücksichtigen. Das elektrostatische Tonabnehmersystem von Michael Schollee erfüllt diesen Anspruch.  Es stellt eine umfassende Lösung zu den spezifischen Problemen dar, die bei der Abnahme der Stimmzungenbewegung auftreten.

Die elektrostatische Tonabnahme an den Stimmzungen

Die Stimmzungen bilden mit speziell hierfür angebrachten Elektroden kleine Kondensatoren, deren Kapazität von dem Abstand zwischen Stimmzunge und Elektrode abhängt. Wird die Stimmzunge in Schwingung versetzt, ändert sich der Abstand und damit die Kapazität der Kondensatoren.

Mit einer geeigneten Elektronik, dem Vorverstärker, wird die Kapazitätsänderung in eine Wechselspannung umgesetzt, die das gewünschte Signal darstellt. Der Vorverstärker (Preamp) befindet sich in dem zylinderförmigen Gehäuse an der Rückseite der Mundharmonika.

Tonqualität

Der beim Mundharmonikaspiel zu hörende Ton geht nicht von den Stimmzungen aus, sondern wird durch eine schwingende Luftsäule erzeugt. Die Bewegung der Stimmzunge ist an die Luftsäulenschwingung gekoppelt - sie schwingt mit der gleichen Frequenz wie die Luftsäule. Allerdings zeigt die Stimmzungenbewegung auch Anteile, die nichts mit dem hörbaren Ton gemeinsam haben. So verschiebt sich der Schwingungsnulldurchgang in Abhängigkeit von den Druckverhältnissen. Je weiter man sich vom Festende bzw. der Vernietung der Stimmzunge entfernt, desto deutlicher ist diese Erscheinung.

Das Schollee Tonabnehmersystem nimmt die Bewegung der Stimmzunge in einem sehr kleinen Bereich unmittelbar am Festende der Stimmzunge ab, da hier die Schwingung exakt dem hörbaren Ton entspricht. Die in diesem Bereich naturgemäß kleine Schwingungsamplitude wird durch die hochempfindlichen Elektronik ausreichend vorverstärkt. Damit führt die spezielle Form und Anbringung der Elektroden in Zusammenwirkung mit dem hochempfindlichen Vorverstärker zu der gewünschten Tonqualität.

Abnahme der Bendings

In bestimmten Situationen sind beide Stimmzungen eines Kanals in Bewegung: Die Ziehbendings im 3. Kanal - ein und zwei Halbtonschritte unter dem Ziehton sind ein gutes Beispiel. Verteilt sich die Schwingung auf zwei Stimmzungen, müssen die Signale beider Zungen ohne Phasenverschiebung addiert werden um den Ton in der richtigen Lautstärke wiederzugeben.

Der Vorverstärker des Tonabnehmersystem gleicht die Phasenverschiebung zwischen den Signalen der unteren und oberen Stimmzunge aus, bevor diese in einer Addierstufe zusammengeführt werden. Alle Bendings und Overbendings werden damit vollständig wiedergegeben.

Feuchtigkeit in der Atemluft

Mit der Atemluft wird fortlaufend Feuchtigkeit in das Instrument eingebracht. Die Feuchtigkeit ist in Tröpfchenform im Luftstrom enthalten, verteilt sich im Instrument und kondensiert an den Innenflächen. Damit die Tonabnahme nicht durch Feuchtigkeit beeinflusst wird, zeigt das Tonabnehmersystem spezielle konstruktive Merkmale:

  • Die Deckel der Mundharmonika verfügen über eine zusätzliche Entlüftung, die der Ansammlung von Feuchtigkeit entgegenwirkt;

  • Elektroden und Zuleitungen sind durch eine spezielle Mehrfachbeschichtung versiegelt;

  • Die Elektroden sind räumlich so angeordnet, dass sie nicht der feuchten Luftströmung ausgesetzt sind;

  • Der Vorverstärker befindet sich außerhalb des von Feuchtigkeit erfassten Bereichs in einem abschirmenden Gehäuse;

Das Zusammenwirken dieser konstruktiven Maßnahmen macht das Schollee Tonabnehmersystem unempfindlich gegen Atemluftfeuchtigkeit.

Integration des Tonabnehmers in die Mundharmonika

Die Herstellung des Tonabnehmersystems mit den zuvor genannten Qualitätsansprüchen bedingt eine hohe Fertigungsgenauigkeit. Die Anbringung der Elektroden erfordert eine spezielle Justage unter mechanischer und elektronischer Kontrolle.
Neben der zusätzlichen Belüftung werden weitere Modifikationen am Instrument vorgenommen um Verschraubungen, Kabelführung und Staubfang anbringen zu können. Leider wird es damit unmöglich den Tonabnehmer als „ansteckbares“, separates System zu fertigen, das man je nach Bedarf an verschiedenen Mundharmonikas nutzen könnte.